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Nix wie weg aus der #superwoman-Bubble

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Vor ein paar Tagen habe ich bei Nicole eine Blogpost über den Trend des #thatgirl gelesen. Ein Trend, den ich nachvollziehen kann - den ich nichtsdestotrotz für ziemlich ungut halte. Ich bin ja nur noch sporadisch auf Instagram unterwegs, aber auch an mir sind sie nicht vorübergegangen, die Videos, in denen ausnahmslos schlanke, in der Regel junge Frauen ihre Morgenroutine vom Aufstehen um 5 Uhr morgens über Workout und Meditation, von Zitronenwasser bis Gemüse-Smoothie, vom sorgfältigen Schminken bis zur mega-gesunden Lunch-Bowl festhalten - und zu jeder der eingeblendeten Zeitangaben einfach toll, frisch und unglaublich fit aussehen. Mal ehrlich: Ich sehe selbst drei Stunden nach dem Aufstehen vermutlich nicht mal annähernd so frisch aus wie die Mädels morgens um 5 ;-)


Ich kann durchaus nachvollziehen, dass es nicht wenige Menschen gibt, die nach dieser vermeintlichen Perfektion streben, die einem da in den sozialen Medien vor die Nase gehängt wird. Wer jetzt nachsichtig nickt und denkt „Ja, die jungen Dinger, die fallen halt drauf rein“, der kann sich vermutlich nicht wirklich vorstellen, dass es eben nicht nur die „jungen Dinger“ sind, sondern durchaus auch Frauen jenseits der 50. Das ist nämlich nicht unbedingt eine Frage des Alters.


Vor ein paar Jahren bin ich für genau solche vermeintlichen Vorbilder tatsächlich auch anfällig gewesen. Derartige Superwomen haben mich in der Tag beeindruckt und ich schätze, ich bin da nicht allein. Wenn ich mich in der Wechseljahres-Bubble umsehe, dann geht es da manchmal nicht viel anders zu. Da ist man dann halt nicht #thatgirl, sondern #thatsuperwomen.


Und ich war meine eigene Version einer Superwomen: Ich war lange Jahre nicht in der Lage, einfach mal nichts zu tun. Ich habe von morgens bis abends ziemlich pausenlos sinnvolle Dinge getan. Einfach mal ein Buch nur so zum Spaß lesen? War nicht drin. War ja nicht nützlich. In der Zeit konnte man ja noch schnell für eine Geschichte recherchieren oder irgendwas im Haushalt erledigen. Oder wenigstens ein Sachbuch lesen, das „was bringt“. Den Perfektionismus hatte ich gratis mit dazu bekommen und der hat dann dafür gesorgt, dass mindestens doppelt recherchiert werden musste ;-)


Ok, heute ist das anders. Allerdings habe ich 2 Jahre Psychotherapie, eine Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie und viele Lernerlebnisse hinter mir. #thatgirls können mich mal gerne habe :-)


Aber ein paar Tipps, die mir geholfen haben, habe ich doch für euch:


  • Fragt euch, was IHR wollt. Wonach euch ist. Möchtet ihr um 5 Uhr aufstehen, obwohl es eigentlich nicht nötig ist? Ja? Dann tut das. Nein? Dann lasst es einfach bleiben. Habt ihr das Bedürfnis nach Meditation oder Yoga? Dann guckt in euren Tag, wo es passt. Zu euch und euren Lebensgewohnheiten.


  • Fragt euch einfach mal, warum euch eine perfekte Routine anzieht. Weil ihr das Gefühl habt, dass ihr genauso perfekt sein müsst? Müsst ihr nicht. Ihr werdet kein anderer Mensch, wenn ihr sie kopiert. Ihr werdet höchstens gestresster sein und euch, wenn das nach sechs Tagen explodiert, mies fühlen. Viel sinnvoller ist es sich zu fragen, welcher Wunsch hinter dieser Sehnsucht nach Perfektion steht. Und dann fragt euch, wie ihr euch diesen Wunsch nicht vielleicht so erfüllen könnt wie es euch entspricht. 


  • Es gibt übrigens Menschen, für die ist Meditation eine Qual - und das mit gutem Grund. Wenn ihr feststellt, dass das bei euch der Fall ist: Lasst es sein. Täglich zu meditieren ist kein Garant für ewig währendes Glück. Wenn ihr viel lieber einen Spaziergang machen möchtet: Tut das!


  • Es gibt nichts, womit man euch mehr jagen kann als Sport gleich am Morgen? Dann verzichtet drauf. Klar ist Sport gesund. Aber zum einen muss es nicht auf Anhieb das Power-Workout sein, das euch japsend am Boden stranden lässt. Überlegt einfach, welchen Sport ihr früher vielleicht mal gern gemacht habt und guckt, ob es euch noch immer Spaß macht. Und vielleicht probiert ihr auch etwas aus, was euch noch nie Spaß gemacht hat ;-) Mir ging es mit Schwimmen so. Ich fand Schwimmen viele Jahre lang absolut blöde. Klar konnte ich schwimmen, aber Bahn für Bahn abzuspulen? Ohne mich. Heute liebe ich es.


  • Sich gesund zu ernähren ist wichtig. Das heißt aber nicht, dass ihr auf alles, was euch lieb und teuer ist, künftig verzichten müsst. Bevor ihr einen Apothekerschrank voller Nahrungsergänzungsmittel zu euch nehmt: Sprecht mit eurem Hausarzt darüber, was sinnvoll ist und lasst eure Blutwerte ermitteln. Nehmt nix, nur weil Influencer A das so innig empfiehlt. Der kennt euch nicht. Und er hat durchaus ein finanzielles Interesse daran, dass ihr das Zeug kauft.


  • Lasst euch bitte nicht von all den schrecklichen Konsequenzen einschüchtern, den ein Lebensstil, der vielleicht nicht perfekt auf Gesundheit getrimmt ist, angeblich mit sich bringt. Wenn ihr Mittelchen A nicht nehmt, werdet ihr nicht automatisch als demente, kranke, knochenbröselnde Elendsgestalt enden. Und eine noch so perfekte Morgenroutine ist kein Garant dafür, mit 80 keine Rollator zu brauchen. Neben mir sitzt ein Mann, der topfit war, der täglich trainiert hat, sich sehr gesund ernährt hat, der Stress vermieden hat, der jede Vorsorgeuntersuchung mitgenommen hat plus einem kompletten Checkup pro Jahr. Und dann ist er mit einem Schlaganfall umgekippt. Woran es lag? Antwort des Neurologen: Pech. Das kann passieren. Garantien für lebenslange Gesundheit gibt es nicht. Auch nicht mit drölfzig Mittelchen.


  • Jeder Mensch ist anders. Was demjenigen, der euch die Morgenroutine auf Instagram vorturnt, gut tut, muss euch nicht gut tun. Investiert einfach ein bisschen Zeit mit euch selbst und überlegt, was ihr wirklich ändern möchtet - falls ihr etwas ändern möchtet oder müsst. Und dann geht es an. In kleinen Schritten. Nicht mit einer Umstellung sämtlicher Lebensgewohnheiten innerhalb von zwölf Stunden. Das geht schief. Garantiert.


IHR seid diejenigen, die wichtig sind. Ihr und eure Bedürfnisse. Und manchmal ist es gar nicht so einfach, die zu identifizieren. Aber man kriegt es hin. Ich habe es auch hingekriegt.


Und dann dürft ihr der Welt auf Instagram eure ganz persönliche Wohlfühl-Routine demonstrieren. Und wenn es dann genügend davon gibt, bunt und unperfekt und realistisch, dann fühlt sich hoffentlich niemand mehr unter Druck gesetzt, perfekt sein zu müssen.


Liebe Grüße

Fran


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