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Faule Bande. Was wollen die eigentlich?

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Eine Freundin meiner kleinen Tochter hat gerade ihren Job und ihre Wohnung gekündigt und wird ab Januar für ein halbes Jahr nach Asien gehen. Was sie dort macht? Weiß sie noch nicht. Irgendwas, an dem sie Spaß hat.


Ein Freund meiner großen Tochter arbeitet nur noch 25 Stunden pro Woche. Das Teilzeitgehalt reicht ihm und er ist glücklich damit.


Angesichts dieser Entwicklung schlagen tonnenweise Menschen in meinem Alter, also irgendwo jenseits der 50, die Hände über den Kopf zusammen, weil „die jungen Leute“ (die alle zwischen 21 und 25 Jahre alt sind und neudeutsch als GenZ firmieren) ja so unentschlossen und gar nicht auf Geldverdienen getrimmt - vulgo faul - sind. Im Spiegel-Online-Forum gab es kürzlich unter der Nachricht, dass Staatsanwälte im deutschen Rechtssystem so langsam ein rares Gut werden und der Nachwuchs nicht unbedingt eine 50-Stunden-Woche präferiert, eine heftige Diskussion mit dem Tenor: „Die sind kein Arbeiten mehr gewohnt, die verzogenen Gören.“


Nicht umsonst lautete bei meinem „10 Jahre Abi“-Treffen (also vor drölfzig Millionen Jahren….) die wohl meistgestellte Frage: „Hast du ein Haus?“ Hatte ich übrigens nicht. Auch keine Yacht, keine Pferdepflegerin, nichtmal einen Ehemann oder Kinder. Damit war ich ziemlich allein auf weiter Flur. Noch schlimmer hat es lediglich meinen Kumpel Stefan getroffen, der fröhlich auf die Frage, ob er „wenigstens verheiratet“ ist, antwortete: „Nö, geschieden. Bin ich Erster?“ War er.


Die Vertreter der GenZ oben machen es halt einfach anders. Die halten inne und überlegen, was sie wirklich wollen und ob Haus, Yacht oder Pferdepfleger ihnen wichtig sind. Und dann tun sie das, was sie wollen. Geld ist vielen nicht halb so wichtig wie den Generationen vor ihnen. Was ihnen wichtig ist, sind sie selbst. Sie reiben sich nicht auf im Hamsterrad. Wenn sie merken, dass ihnen das alles nicht gut tut, dann ändern sie was. Und ganz ehrlich: Sie sind ziemlich glücklich dabei. Zumindest die drei, die ich kenne.


Aber scheinbar ist das durchaus symptomatisch. Gestern las ich, dass das Beamtentum für die GenZ durchaus anziehend ist. Und zwar nicht zuletzt wegen der Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten oder auch mal eine längere Pause einzulegen.


Das hat wenig damit zu tun, dass sie keine Leistung bringen wollen. Das wird ihnen oft vorgeworfen. Auch von Gleichaltrigen. Kind, klein, zum Beispiel hört gerne mal den Vorwurf, dass sie ja wohl zum Langzeitstudenten wird. Äh, sie ist gerade 21 geworden und hat nen Bachelor. Klar könnte sie mit 22 den Master schaffen, dann noch die Fachausbildung obendrauf und dann mit 24 so richtig durchstarten. Und ich kann gut verstehen, dass ihr das nicht sonderlich erstrebenswert erscheint. Also guckt sie gerade, was es links und rechts des Weges sonst noch so gibt.


Ich finde das toll. Ich finde es großartig, dass viele dieser tollen jungen Menschen eben nicht das tun, wozu unsere Eltern uns anhielten: Abitur, Ausbildung oder Studium und dann zügig ab ins Arbeitsleben, Geld verdienen. Ziel: Karriere machen. Oder wenigstens einen Titel auf der Visitenkarte, der wichtig klingt. Und natürlich das Gehalt, das fürs Einfamilienhaus reicht.


Nach den Erfahrungen, die ich im vergangenen Jahr gemacht habe, kann ich nur sagen: Es ist toll, wenn man sich selbst sieht. Wenn Studium und Karriere nicht ausgeschlossen werden, aber wenn man regelmäßig hinguckt, ob einem das noch gut tut. Und wenn man auch mal über den Tellerrand blickt. Dafür muss man übrigens nicht unbedingt reiche Eltern haben. Ich rede hier nämlich nicht vom  heute scheinbar obligatorischen Gap Year nach dem Abi auf Kosten der Erziehungsberechtigten, das man zur Selbstfindung irgendwo in Australien oder Neuseeland verbringt.


Meinen Kinder habe ich das durchaus bewusst nicht finanziert. Finden konnten sie sich hervorragend auch so ;-) Aber sie hatten nicht nur die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Sie sollten es auch tun. Ob Ausbildung oder Studium, ob Praktikum oder Nebenjob. Das war mir ziemlich egal. Ich hätte sie auch gern nach Australien entlassen. Aber das sollten sie sich schon selbst finanzieren. Es wurde ein Findungsjahr beim großen Kind mit ersten Praktika und Europatour sowie einer studienvorbereitenden Ausbildung im Anschluss. Das kleine Kind wusste genau, was es wollte. und fing sofort mit dem Studium an, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, nach dem Bachelor nochmal zu gucken, was so geht.


Mit ihrer Herangehensweise an das Berufsleben, die völlig anders ist als ich es aus meinem Zwanzigern gewohnt bin, sind sie ziemlich glücklich. Und wenn sie es nicht sind, merken sie es immerhin. Und ändern etwas. Weil sie wissen, wie das geht.


Ich wusste das nicht. Ich habe ja nicht einmal gemerkt, dass ich in einen Burnout gerutscht bin. Weil Karriere und Einkommen und Leistung ja so wahnsinnig wichtig waren. Und ich bin froh, dass es heute so viele junge Menschen gibt, die uns „Alten“ zeigen, wie man es auch machen kann.


Liebe Grüße

Fran


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