„Heute im Kittel?“, fragte kürzlich tatsächlich breit grinsend meine Kollegin in der täglichen Redaktionskonferenz, als ich dieses Kleid trug. Und nein, ich war nicht beleidigt. Ich fand`s lustig. Obwohl ein Kittel doch in meinen Augen aus irgendeiner üblen Kunstfaser besteht und mindestens ein Blümchenmuster hat. Wer trägt schon einen beigefarbenen Kittel?
Und sagen wir es so: Ein ganz klein wenig, sehr entfernt, eventuell ein bisschen hat das gute Stück vermutlich tatsächlich Ähnlichkeit mit einem Kittel ;-), zumindest was den Schnitt angeht. Das ist nicht weiter tragisch Ich mag das Kleid, seitdem ich es im Laden erspähte. Selbst das Kind guckte und meinte: Da steht Fran dran. Abgesehen davon ist das Kleid, ähnlich wie ein Kittel, sehr praktisch. Im Frühling lässt es sich mit einer Jeans kombiniert tragen, im Sommer dürfen die Beine an die Luft. Lediglich ein Gang über ein Lüftungsgitter könnte ob der Weite des Kleides unberechenbar sein, ebenso wie starker Wind. Da läuft man Gefahr, dass das Kleid bis zum Hals hochfliegt. Eine Jeansjacke oder ein Pullover, den man lässig umbindet, mindert diese Gefahr und bringt ein bisschen Form ins Outfit, wenn man das möchte. Oder eben der Wind zu stark ist.
Ganz schön windig war es am Pfingstwochenende an der Ostsee in der Tat. Aber es gab Sonne ohne Ende, aus dem gemütlichen Hotelzimmer ein grandioser Blick aufs Meer und überhaupt liebe ich das Upstalsboom, in dem ich zum x-ten Mal zu Gast war. Es tat so gut, endlich wieder aufs Meer zu gucken. Es war so schön, wieder auf dem Balkon zu sitzen, einen Aperol und den Blick zu genießen. Ok, bei 13 Grad Wassertemperatur war die Sache mit dem Barfuß-am-Strand-Laufen recht erfrischend. Aber es war einfach schön.
Aber ehrlich gesagt auch ein wenig gewöhnungsbedürftig. Im öffentlichen Bereich des Hotels herrschte Maskenpflicht - logisch. An die in Norddeutschland liebevoll „Schnutenpulli“ genannte Maske habe ich mich inzwischen gewöhnt, das störte mich herzlich wenig. Dass man an der Hotelrezeption inzwischen einen Kugelschreiber überreicht bekommt, den man wunderbar auch zum Drücken der Fahrstuhlknöpfe und zum Unterschreiben sämtlicher Rechnungen nutzen soll, fand ich ganz reizend. Ich trage in der Regel ein halbes Dutzend Kugelschreiber mit mir herum und freue mich immer, wenn ich die Dinger bei Pressekonferenzen nicht klauen muss *grins*. Ich kann auch prima per Treppe in den vierten Stock laufen, bevor ich stundenlang auf den Fahrstuhl warte, weil „gemischtes“ Fahrstuhlfahren gerade nicht angesagt ist. Und wenn die Landesregierung die Öffnung des Spa verbietet, dann ist das eben so. Das ist wirklich schade, weil ich es liebe, morgens eine halbe Stunde im Fitnessraum zu trainieren und danach im Pool meine Bahnen zu ziehen. Festgelegte Frühstücksschichten mache ich zur Not auch noch mit, solange ich spät frühstücken darf.
Anstehen zum Frühstücken fand ich dann allerdings weniger witzig. Das Frühstück im Upstalsboom ist normalerweise ein Traum. Bis man sich entschieden hat, die Gäste wegen Corona einzeln durch das Büffet zu schleusen, während ein Mitarbeiter den Teller mit all den Leckereien füllt, die man gern hätte. Das bedeutet in diesem Fall allerdings, dass man sich 20 Minuten lang die Beine in den Bauch steht, bis man „dran“ ist. Immerhin ist aber die großen Terrasse mit Blick in den Park wieder ein Traum. Die Sache mit dem Zucker allerdings… äh ja. Ich bin eines dieser Relikte aus den Siebzigern, die ihren Milchkaffee nur mit Zucker trinken. Ihr dürft jetzt angewidert gucken. Seitdem keine Zuckerbehälter mehr auf Tischen stehen dürfen, bittet man den Kellner eben um ein Tütchen Zucker zum Kaffee. Und da Relikte aus den 70ern scheinbar sehr ungewöhnlich sind, vergisst ebendieser Kellner den Zucker regelmäßig. Also springe ich halt selbst los. Jeder Gang macht schlank :-)
Nun denn, Schwamm übers Anstehen und über den Zucker, ab an den Strand! Wer das mit dem Abstand eng sieht (ha, man beachte das Wortspiel!), sollte am Strand bleiben. Es war zwar bei weitem nicht so voll wie an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste, wo einige Orte „dicht“ gemacht wurden. Im Gegensatz, am Wasser war kaum jemand unterwegs. Auf der Promenade allerdings und im Bereich der Strandbars war die Sache mit dem Abstand 90 Prozent derjenigen, die da flanierten oder an der Strandbude einen Drink erstanden, augenscheinlich wurscht.
Auf der „Einkaufsstraße“: Dichtes Gewusel, weil das Shoppen von Ostsee-Souvenirs wohl gerade viral geht. Wer Abstand wollte, musste auf die Fahrbahn ausweichen und ein bisschen achtgeben, damit er nicht von einem SUV erwischt wird. Auch bei feiernden Gruppen in der Burg aus einen Dutzend Strandkörben sollte man einfach nur denken: „Ok, die Sache mit der Pandemie ist eben nicht überall angekommen“. Wer in Sachen Doofheit anderer Menschen zart besaitet ist und gerne mal über die Unvernunft fremder Menschen schimpft, sollte besser zuhause bleiben. Andernfalls wird er ununterbrochen schimpfen.
Und auch das Restaurant zum Abendessen ist mit ein wenig Vorsicht auszusuchen. Das mit dem Abstand von 1,50 Metern zwischen den Tischen funktioniert nicht überall. Da war wohl in einigen Restaurants kein Zollstock zu finden und wenn Männer Längenmaße schätzen, weiß man ja, was dabei rauskommt ;-) Da hilft es, einfach das nächste Restaurant anzusteuern, denn die meisten halten die Abstände und auch die sonstigen Hygienebestimmungen durchaus ein, ohne dass die Atmosphäre oder das Essen leiden. Manchmal ist die Speisekarte etwas kleiner als gewohnt. Aber das ist definitiv zu überleben. Ich bin eh Fan von Restaurants, die nicht unbedingt drölfzig Gerichte auf der Karte haben.
Trotz allem war es ein wunderschönes Wochenende. In den Sommerferien allerdings wird man mich wohl nicht an der Ostsee finden. Dann wird da vermutlich halb Deutschland aufschlagen und ich fürchte, das muss ich mir nicht antun. Über Pfingsten herrschte in den Hotels in Meck-Pom eine Belegungsquote von maximal 60 Prozent und ich möchte nicht genau wissen, wie lange man bei einer 100 Prozent-Belegung aufs Frühstück wartet… Statt des Spas werde ich wohl einfach eine Runde paddeln gehen und wenn ich dabei ins Wasser plumpse, ersetzt das auch den Pool :-)
Liebe Grüße
Fran