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Quelle: Instyle November 2018 |
Wer sich jetzt gefreut hat, dass er mich mit einer Kindergartenmütze meiner Töchter sehen darf, den muss ich bitter enttäuschen. Is nicht. Kennt ihr diese wahnsinnig praktischen Mützen, die Mütter liebten und Kinder hassten? Die man über den Kopf zog, nur das Gesicht blieb frei und die haben gleich noch einen Schal ersetzt? Meine Kinder haben sie gehasst. Und ich habe sie gekauft. Nicht weil ich eine besonders fiese Mutter gewesen wäre - also klar war ich das, fragt meinen Nachwuch mal - sondern weil der Kinderkopf damit warm blieb. Habe ich angenommen. Vermutlich flogen die Mützen aber eh in die nächste Ecke, sobald die lieben Kleinen außer Sichtweite waren…
Um Mützen für Kinder soll es aber heute gar nicht gehen, sondern um das, was die Instyle in ihrer letzten Ausgabe als das Must have für den kommenden Winter propagiert. Die Sturmhaube. Bisher bekannt als schmuckes Accessoire von Mitgliedern des schwarzen Blocks oder als wärmendes Unterzieh-Dings für Motorradfahrer. Sturmhauben erinnern ein ganz klein wenig an Doku-Dramen über die Terrorszene der 70er. Oder eben an die Kindergartenmützen meiner Kinder. Wobei die wenigstens die untere Gesichtshälfte freiließen. Ich wollte meinen Nachwuchs ja schließlich noch erkennen. Blöderweise konnten die mit den Dingern auf dem Kopf aber noch sprechen. Die Sturmhaube als Modegag dagegen verdeckt gern auch mal den Mund.
Das hat gleich mehrere Vorteile. Man spart Lippenstift und damit nicht nur bares Geld, sondern auch Zeit, das Zeug ins Gesicht zu verfrachten. Breitet sich ein Herpes aus, verschwindet der prompt unter dem Häubchen. Wer dem vermutlich männlichen Designer, der die Dinger jetzt an Menschen außerhalb des schwarzen Blockes vermarkten möchte, Böses unterstellen möchte, könnte natürlich auch auf die Idee kommen, dass es ihm total nützlich erschien, Frauen per Sturmhaube vom Reden abzuhalten. Naja, vom Reden streng genommen natürlich nicht. Aber mit Sturmhaube ist man beim besten Willen nicht zu verstehen. Die Sturmhaube also als Statement gegen die Tatsache, dass Frauen etwas zu sagen haben?
Oder ist der Sturmhauben-Trend etwa ein gezieltes Mittel zur Nachwuchs-Werbung des schwarzen Blocks? Will der endlich auch Frauen ansprechen, weil die bisher unterrepräsentiert sind und irgendein Social-Media-Spezialist hat denen erzählt, dass sie mit Gucci-Sturmhauben den Erfolg auf der ganzen Linie beim weiblichen Geschlecht feiern? Wenn ich mir die Zahl der Gucci-Gürtel ansehe, ist das so abwegig eigentlich nicht.
Und wenn selbst Gucci so ein Ding auf den Markt wirft, wird es schon den entsprechenden Erfolg haben - vorausgesetzt das Markenlogo ist gut zu sehen. Die Frage, die mich beim ersten Blick auf das Ding umtrieb, war aber eine ganz andere. In Zeiten, in denen wir uns über das Tragen von Verschleierungen aller Art empören, die genau wie die Sturmhaube nur noch das halbe Gesicht und schlimmstenfalls die Augen freilassen, wird ausgerechnet so ein Ding als wahnsinnig trendig ausgerufen? Hallo? Ich glaub, ich bin im falschen Film.
Und ich sehe sie schon, die trendbewussten Damen mit Sturmhaube an diesem nasskalten Sonntag im Februar, wie sie gegen die Unterdrückung der muslimischen Frauen durch die Burka protestieren und dabei trendbewusst ihre eigene Version der Burka tragen. Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob ich mich bei dem Anblick in die nächste Ecke lachen werde oder ob ich ob so viel Trendbewusstsein in den nächsten Gartenzaun beisse.
Und ihr so? Habt ihr das Gucci-Sturmhäubchen schon bestellt? Und wollt ihr damit zum schwarzen Block, Motorrad fahren oder vielleicht doch einfach nur diesen bescheuerten Pickel am Kinn verdecken?
Liebe Grüße
Fran