„Ich bin kurz vorm Burnout“ - das hat wohl jeder schonmal gehört oder gesagt. Was ein Burnout aber wirklich ist, das ist ganz vielen Menschen nicht klar. Irgendeine Krankheit, die von zu viel Arbeit verursacht wird. Oder so. Mit dem Begriff Burnout tut sich aber nicht nur Otto Normalverbraucher schwer, sondern auch die Medizin. Denn entgegen dem, was man landläufig vermuten würde, ist „Burnout“ im engeren Sinne keine Diagnose, sondern lediglich eine Sammlung an Symptomen.
Und was heißt das jetzt? Erstmal nix weiter als: Im ICD (International Classification of Diseases) - das ist quasi eine Sammlung der Diagnosen aller Krankheiten, die es so gibt auf der Welt, und die in Deutschland verwendet wird, kommt ein Burnout nicht vor. Ihr kennt die ICD-Codes vielleicht aus den Buchstaben-Zifferkombinationen, die auf eurer Krankschreibung auftaucht.
Zurzeit wird noch mit dem ICD 10 gearbeitet. Die nächste Version, das ICD 11 ist allerdings schon erschienen. Und dort taucht der Burnout dann auch auf. Aber nicht als Diagnose, sondern „nur“ als Syndrom. Heißt: Als Kombination von Symptomen, die typischerweise gemeinsam auftreten.
Soviel also zu den Formalien. Dass es den Burnout trotzdem gibt und dass ein Burnout dafür sorgt, dass Menschen krank sind, dürfte sich inzwischen aber herumgesprochen haben. Was genau ein Burnout aber nun ist und wo genau die Krankheit ist, das bleibt häufig nebulös.
Relativ klar sind die Symptome, die mit einem Burnout einhergehen: Da sind in der Regel heftige Schlafstörungen und daraus resultierende Müdigkeit, Erschöpfung, Energiemangel, Mangel an Initiative, Probleme, Entscheidungen zu treffen, Probleme mit Konzentration und Gedächtnis, ein Leistungsabfall und ganz oft ein völliger sozialer Rückzug. Körperliche Beschwerden wie etwa Kopf- oder Rückenschmerzen kommen oft dazu. Allerdings sind all diese Symptome eher unspezifisch und können im Grunde genommen alles bedeuten - auch Wechseljahre ;-)
Viele Ärzte bezeichnen einen Burnout als Erschöpfungsdepression und das trifft es - finde ich zumindest - ziemlich gut. Was ich fühlte, war einfach nur eine tiefe Erschöpfung. Ich konnte einfach nicht mehr - allerdings erst nachdem ich mir eingestanden hatte, dass das so ist. Am Tag vorher hatte ich noch im Sonntagsdienst eine komplette Tageszeitung gemacht. Wie ich das gemacht habe, weiß ich nicht mehr. Ich weiß aber noch, dass ich dabei ununterbrochen geweint habe.
Und dann war Ende. Bei mir ging gerade noch „aus-dem-Fenster-gucken“. Zu mehr war ich nicht mehr fähig. Ich fühlte mich total leer, total energielos. Genau genommen fühlte ich gar nichts mehr. Keine Freude, keine Trauer. Keine Wut. Nichts.
Wenn man da angekommen ist, ist man allerdings am Ende einer Spirale, die man manchmal im Laufe mehrer Jahre durchlaufen hat, ohne es zu merken. Und wenn man da angekommen ist, leidet man in der Regel eben nicht nur an einem Burnout, also eine tiefe Erschöpfung, sondern auch an einer mittelschweren bis schweren Depression. Das ist dann üblicherweise auch die Diagnose, die verschlüsselt auf der Krankschreibung zu finden ist.
Letzendlich ist also die Depression das Endstadium eines Burnout. Vorher kommen viele, viele kleine Schritte, die ihr in der Grafik findet und von denen man meinen sollte, dass man doch bemerken muss, wenn man sie geht. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Merkt man nicht. Zumindest diejenigen, die in einen Burnout rennen, merken das nicht. Logisch eigentlich, oder? Weil wenn man es merkt, endet man erst gar nicht im Burnout.
Abgesehen davon habe ich diese Grafik erstmals in der Tagesklinik gesehen. Und wenn ich ehrlich bin: Hätte ich sie vorher gesehen, hätte ich das alles weit von mir gewiesen. ICH doch nicht! Pah!
Ob man zu den Menschen gehört, die mit Stress gut umgehen können oder nicht, hat mir der Resilienz zu tun. Über Resilienz habe ich vor ein paar Wochen hier etwas geschrieben. Ich war nicht sonderlich resilient. Ich wollte es mir und allen anderen beweisen. Weil ich genau das mein Leben lang gelernt habe: Du musst leisten. Und ich habe geleistet. Als Kind in der Schule, dann als junge Erwachsene an der Uni und schließlich im Beruf. Das ging lange Jahre gut. Bis der Stress eben zu groß wurde. Oder soll ich sagen: Bis jemand erkannte, dass ich bis zum Umfallen ackern würde und das ganz prima fand?
Was ich dann ja auch getan habe. Und ja, meine Arbeitsumgebung hatte daran ihren Anteil. Aber den größten Anteil hatte durchaus ich. Das heißt aber auch, dass ich selbst Herrin der Dinge bin. Ich kann MEINEN Anteil daran ändern, bin kein Opfer der Bedingungen. Das wiederum ist einem erstmal furchtbar egal, wenn man mitten in der Depression sitzt.
Das soll für heute erstmal reichen. Was der Begriff „Depression“ eigentlich heißt, woran man eine Depression erkennt und was Angsterkrankungen damit zu tun haben, das erzähle ich euch in in den nächsten Wochen.
Und alle von euch, die unter zu viel Stress leiden: Guckt euch mal die Spirale an und findet raus, ob irgendetwas davon auf euch zutrifft. Und bitte: Seid ehrlich zu euch. Es hilft so gar nicht, so zu denken wie ich es getan hab, nämlich dass man ja endlos belastbar ist und alle anderen sind einfach nur Lappen. Sind sie nicht. Sie passen nur besser auf sich auf. Und das solltet ihr auch machen!
Liebe Grüße
Fran