Quantcast
Channel: Fran-tastic! Leben, Mode und mehr Ü50
Viewing all articles
Browse latest Browse all 1039

Aber ich hab doch keine Zeit für mich!

$
0
0



Wenn die Kinder in der Kita sind, dann…

Wenn die Kinder in der Schule sind, dann…

Wenn die Grundschule vorbei ist, dann…

Wenn die Kinder nachmittags alleine klarkommen, dann…

Wenn die Kinder ausgezogen sind, dann…


Oder, falls es keine Kinder gibt:


Wenn ich im Job erstmal fest im Sattel sitze, dann…

Wenn dieses Projekt beendet ist, dann…

Wenn ich den nächsten beruflichen Sprung geschafft habe, dann…

Wenn die Wohnung so aussieht, dass jederzeit Gäste kommen können, dann…


Kommt das irgend jemandem bekannt vor? Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten 30 Jahren die Dinge da oben gedacht habe. Wenn irgendetwas endlich geschafft ist, dann habe ich endlich Zeit für mich! Dann fange ich an, täglich aus frischen Zutaten gesund zu kochen. Dann lege ich mir eine tägliche Sportroutine zu. Dann kann ich endlich wieder in Ruhe ein Buch lesen, ohne dass jemand stört. Dann kann ich endlich wieder meine Hobbies pflegen.


„Dann“ war nie. Ok, das mit dem Kochen habe ich gerade noch hingekriegt. Gehört ja zur Kategorie „Mutterpflichten“. Aber der Rest? War viele Jahre lang nicht drin. Irgendwann kam dann doch Sport dazu. Als die Kinder nachmittags oder abends auch ohne mich klar kamen. Das war auch höchste Zeit, denn ich war sowas von un-fit, dass ich mich vor mir selbst geschämt habe. Und hatte seit den Kindern ungefähr 25 Kilo zugenommen.


Aber der Rest? In Ruhe mal ein Buch lesen? Dazu hatte ich ungefähr 20 Jahre lang keine Zeit. Dachte ich. In Wahrheit habe ich mir sie nicht genommen. Alles andere war wichtiger. Selbst im Urlaub stand ich derart unter Strom, dass entspanntes Lesen nicht drin war. Und ein Hobby? Ach herrje. Wann sollte ich denn das noch unterbringen? Ich bin doch eh jeden Abend halbtot ins Bett gefallen - und konnte dann doch nicht schlafen. Außerdem war ja mein Job mein Hobby. Das musste reichen.


Tja, und so vergingen Jahre um Jahre und ich habe darauf gewartet, dass von irgendwo die Zeit für all die Dinge, für die ich mir nie Zeit genommen habe, geflogen kommt. Überflüssig zu sagen, dass sie nicht kam, oder?


Sie kam erst, als ich einfach umfiel. Ab diesem Zeitpunkt musste es zuhause und im Job monatelang ohne mich gehen. Und oh Wunder: Der Himmel hat sich nicht verdunkelt, die Welt ist nicht untergegangen. Die Welt kam auch ohne mich klar!


Was will ich euch eigentlich sagen? Ihr hab die Zeit. Ihr müsst nur gut genug zu euch selbst sein und sie euch nehmen. Der Himmel wird sich nicht verdunkeln und die Welt wird nicht untergehen. Aber euch geht es anschließend besser. Das zumindest kann ich euch versprechen.


Aber ich habe doch nachmittags die Kinder, werdet ihr jetzt vielleicht sagen. Stimmt. Aber Kinder lassen sich relativ problemlos außer Haus verabreden. Und anstatt dann nach Hause zu hetzen und im Haushalt für klar Schiff zu sorgen, kann man wunderbar laufen gehen. Oder schwimmen. Oder ins Fitnessstudio. Oder reiten. Oder sich mit einem Tee aufs Sofa setzen und ein Buch lesen. Oder stricken. Der Haushalt wird definitiv nicht weglaufen. Der ist auch morgen noch da. Und wenn man das mit anderen Müttern vereinbart und im Gegenzug auch mal ihre Kinder nimmt, dann schafft man so einen freien Nachmittag sogar jede Woche. Oder alle zwei Wochen.


Vielleicht gibt es die Möglichkeit, die Kinder einmal pro Woche länger in der Kita zu lassen. Oder sie für einige Tage im Ganztag oder in der Hausaufgabenbetreuung anzumelden. Oder sie dem Vater in die Hand zu drücken. Ironischerweise schaffen die meisten Frauen das, wenn es darum geht, unverhofft Überstunden zu machen. Wir schaffen es aber nicht, wenn wir Zeit für uns brauchen.


Und sind es nicht die Kinder, dann ist es eben der Job. Da wird ganz selbstverständlich von uns erwartet, dass wir für ein Projekt Überstunden machen und wir machen die auch ganz selbstverständlich. Wir wollen ja zeigen, was wir können. Und eine gute Ausgangsposition für die nächste Aufstiegsrunde. Also müssen wir uns schon ins Zeug legen. Und klar, das kann wichtig sein. Aber nicht wichtig genug, um sich selbst dabei zu vergessen.


Und genau da liegt der Hase im Pfeffer: Wir setzen unsere Prioritäten genau so wie der Rest der Welt es von uns erwartet. Wir setzen aber eben nicht uns selbst auf Priorität eins. Und wer es doch tut, wird gleich des Egoistentums verdächtigt. Mag sein, dass es dem Rest der Menschheit als Egoismus erscheint, wenn wir gut für uns sorgen. So what? Das darf uns herzlich egal sein. Denn sonst warten wir endlos auf diesen ominösen Zeitpunkt, dieses „Wenn, dann“. Wenn ihr nichts dazutut, dann kommt der nie. Es wird immer jemanden geben, der Anforderungen an euch stellt.


Und wenn ihr nun immer noch sagt, dass ihr keine einzige Minute für euch selbst freimachen könnte, weil die Umstände doch so sind wie sie sind, dann denkt mal nach. Was würdet ihr tun, wenn in diesem Moment der Chef Mehrarbeit anordnet? Das Kind ins Krankenhaus muss? Ihr werdet alle Hebel in Bewegung setzen, um das möglich zu machen. Warum nicht für euch selbst?


Liebe Grüße

Fran


Viewing all articles
Browse latest Browse all 1039