Radfahren fand ich ungefähr 45 Jahre meines Lebens echt doof. Ich bin als Kind/Jugendliche nach dem Wechsel aufs Gymnasium neun Schuljahre lang tagein, tagaus mit dem Rad rund vier Kilometer zur Schule gefahren, habe dabei gefroren und bin patschnass geworden. Einzig drei Wochen lang nach einer Gelenk-OP hat meine Mutter mich per Auto in die Schule gebracht. Wollte ich abends weg aka feiern gehen, blieb mir als Mobilitätsgarantie das Rad.
Im Studium wurde es dann etwas komfortabler. Meine WG-Genossin hatte ein Auto und weil wir denselbsen Studiengang belegt hatten, genoss ich den Luxus, mit dem Auto zur Uni gefahren zu werden. Glück gehabt, denn die Uni lag auf einem Berg :-) Irgendwann habe ich dann mein erstes eigenes Auto gekauft und von da an war mir nix ferner als Rad zu fahren.
Als Kind, groß, klein war, habe ich dann wieder ein Rad samt Kindersitz gekauft. Gefahren bin ich damit innerhalb von zehn Jahren ungefähr dreimal. Wenn der nächste Supermarkt sieben Kilometer entfernt ist, fährt man nicht mal „eben so“ mit dem Rad hin. Ich zumindest nicht. Und mit zwei Kindern hatte sich das sowieso erledigt.
Vor gut zehn Jahren habe ich mir dann das nächste Rad gekauft und mein blaues Wunder erlebt. Total motiviert beschloss ich, die fünf Kilometer zu einer Ratsitzung mit dem Rad zu fahren. Und brauchte nach vier Kilometern ein Sauerstoffzelt. Den letzten Kilometer bin ich zu Fuß gegangen, weil ich völlig außer Atem war und in derartig derangiertem Zustand nicht ankommen wollte. Herrje, war mir das peinlich. Ich besaß zu der Zeit die Fitness eines Klopses.
Damit war klar: Da muss etwas passieren. Also habe ich angefangen zu laufen und mich regelmäßig aufs Rad geschwungen. Das hat gewirkt: In dem Maße wie ich fitter wurde, verlor ich auch jede Menge Kilos. Und es hat verdammt viel Spaß gemacht. Vor ein paar Jahren kam dann mein Brompton dazu, weil es einfach zum Mitnehmen superpraktisch ist, weil man es einfach zusammenfaltet und in den Kofferraum packt. Nachdem nämlich auf der Autobahn vor mir einmal ein Fahrrad vom Autodach auf den Asphalt segelte und ich gerade noch ausweichen konnte, traue ich Fahrradträgern auf oder an Autos keine zwei Meter weit.
E-Bikes bzw. Pedelecs fand ich eher doof. Warum sollte man im Flachland - und ich wohnte am Deich, an dem die höchste Erhebung mit ungefähr fünf Metern ebendieser Deich war - einen Motor brauchen? Pfft, ich doch nicht! Die rüstigen Senioren, die mit ihren E-Bikes über den Elberadweg direkt am Garten entlangschlingerten, die Dinger wenig im Griff hatten und gelegentlich mitten in eine Schafherde brausten, taten ihr Übriges, um mich E-Bikes echt doof finden zu lassen.
Im Urlaub im vergangenen Jahr hat mich dann doch infiziert. In Südtirol habe ich mir ein E-Mountainbike ausgeliehen und fand es großartig. Mit dem Ding kam man jeden Wanderweg hoch. Anstrengend war das zwar auch, aber ohne Motor hätte ich wohl nach drei Minuten aufgegeben. Als ich dann anschließend in Sölden gesehen habe, was mit einem Rad auf dem Berg so geht, war klar: Ich brauche ein Mountainbike, und zwar MIT Motor. Krasse Downhill-Trails, für die ein E-Mountainbike viel zu schwer ist, fahre ich ohnehin nicht. Mir reichen die harmlosen Varianten :-)
Ein paar Monate habe ich gebraucht, um mich so weit einzulesen, dass ich irgendwann wusste, welches Rad es sein soll. Geworden ist es ein Riese + Müller Mountain delight. Das ist voll gefedert, hat einen wirklich ausdauernden Akku, fährt sich hervorragend, ist hochwertig, zuverlässig und es passt in der kleinsten Größe zu mir wie Arsch auf Eimer. Denn das erstbeste Bike aus dem Angebot beim Discounter macht da, wo ich es fahren möchte, vermutlich ziemlich schnell schlapp, denn da wird ein Rad halt ziemlich beansprucht.
Denn es gibt im Süden von Hamburg zwar tatsächlich ein paar Hügel, aber keine Seilbahn, um komfortabel nach oben zu kommen, um dann bergab zu brausen. Hochfahren muss man also selbst und das geht eben besser mit Motor. Wer das mit den Bergen nicht glaubt: Doch, die gibt es tatsächlich. Die Harburger Berge. Die sind nicht sonderlich hoch, aber es gibt Dutzende von Wegen und ein paar Mountainbike-Trails, die richtig Spaß machen. Und weil das nächstgelegene Gebirge der Harz ist, versammelt sich tatsächlich halb Norddeutschland am Wochenende mit Mountainbikes in den Harburger Bergen.
Erst einmal habe ich mich ein paar Monate lang an das Rad gewöhnt und etliche Kilometer auf Asphalt und im Flachland, bestenfalls am Deich, abgespult - und dabei jede Menge Ecken in Hamburg kennengelernt, die ich vorher nicht kannte und viele, viele Pausen mit vielen, vielen Milchkaffees gemacht.
Bevor man ins Gelände geht, sollte man sich tatsächlich an so ein Rad gewöhnen, das fährt nämlich ganz anders als das, was ich vorher gefahren bin. Mit dem, was mir der Downhill-Trainer in Sölden an Technik beigebracht hat, bin ich am vergangenen Sonntag dann erstmals auf Tour in den Harburger Bergen gegangen. Was soll ich sagen? Es war großartig! Für die kniffligeren Stellen fehlt mir das Training und die Fahrtechnik, aber das lässt sich lernen. Aber ich fühlte mich an keiner Stelle unsicher auf dem Rad und das ist einfach unbezahlbar, wenn es steil bergauf oder bergab geht.
Ein bisschen blöd, dass der Herbst nicht nur droht, sondern quasi schon da ist. Aber ein paar Wochenenden mit gutem Wetter werden schon noch kommen. Ich bin nämlich ein absoluter Schönwetterfahrer. Und dass sich das ändert, daran glaube ich nicht. Denn merke: Ein Mountainbike hat keine Schutzbleche. Und DAS kann bei Nässe ganz schön schmuddelig enden. Abgesehen davon zerstören Helm und Fahrtwind jede Frisur.
Stylish ist beim Mountainbiken eher das Rad. Wer schicke, möglichst saubere Klamotten tragen und gut aussehen will, sollte eher beim Yoga bleiben ;-)
Liebe Grüße
Fran