Erinnert sich noch jemand an Vero? Die Social Media-Plattform, die Instagram den Rang ablaufen sollte und nach wenigen Wochen kläglich einging? Vergesst Vero, falls ihr es noch nicht getan habt und werft euch in den Wettbewerb um Clubhouse! Clubhouse ist also quasi das neue Vero und weil sich Geschichte nie wiederholt, wird Clubhouse hoffentlich das Schicksal von Vero erspart bleiben.
Für alle, die noch nichts von Clubhouse gehört haben: In dieser App geht es nicht um Fotos, auch nicht um Texte, sondern um das gesprochene Wort. Quasi ein Podcast zum Mitmachen. Oder Maybritt Illner zum Live-Dabeisein. Man hat die Wahl zwischen verschiedenen Räumen, in denen auf einem Podium diskutiert wird. Das Thema ist mehr oder weniger vorgegeben und das Spektrum bewegt sich von Fachdiskussionen unter IT-Spezialisten bis hin zu Kultur. Und wer einen Talk zum Thema „Welche Rocklänge darf man mit über 50 noch tragen“ starten möchte, darf das auch tun. Bei den Talks darf man nicht nur im Publikum zuhören, sondern mit Glück auch mitreden.
Bilder gibt es da übrigens nicht. Also gar nicht. Nix mit scroll, herz, scroll, herz, scroll, herz und ab und zu mal ein Emoji. Da muss man richtig zuhören. Oder sogar selbst sprechen. Also quasi Instagram per Audio und voll advanced. Wobei ich nicht wirklich sicher bin, dass man zuhören muss. Auf Instagram liest ja auch kein Mensch, was unter den Bildchen steht.
Wenn ihr euch also abends auf dem Sofa nicht zwischen Instagram, Twitter, Facebook, Blogs, dem schnöden Fernsehprogramm oder einem Buch entscheiden könnte, dann ab zu Clubhouse. Das einzige Hindernis zwischen Euch und der Teilnahme an spannenden Debatten ist: die Einladung. Die App kann man nämlich nicht einfach runterladen und sich anmelden. Voraussetzung zum Mitmachen ist, dass man eine Einladung von jemandem ergattert, der schon dabei ist. Das ist quasi die Hermes-Tasche unter den Social-Media-Apps. Was künstlich verknappt ist, ist begehrt. Wissen schon Taschenhersteller. Und dieses Wissen haben sich eben auch die Macher von Clubhouse zu eigen gemacht. Die Einladung ist nicht das einzige Hindernis. Clubhouse läuft nur auf einem iPhone und möchte bittedanke auf das Adressbuch zugreifen – was den kleinen Datenschützer in uns, der längst vergessen hat, dass Whats App das auch tut, zum Amoklauf bringt.
Begehrt ist so ein Clubhouse-Account trotzdem. Da sind nämlich wirklich wichtige Menschen unterwegs. Wichtige Influencer wie Caro Daur. Wichtige Show-Menschen wie Joko Winterscheid. Wichtige Politiker, wichtige Künstler, wichtige Medienmenschen. Lauter Wichtigkeiten also. Und wer nicht dabei ist, ist eben auch nicht so richtig wichtig. Äh ja, nur für den Fall, dass ihr es euch schon gedacht habt: Ich bin auch nicht dabei ;-)
Einladungen kann man, wenn man nicht wichtig genug ist, um eine geschickt zu bekommen, bei Ebay kaufen. Zwischen fünf und fünfzig Euro ist alles dabei. Ob das mit rechten Dingen zugeht, weiß ich allerdings nicht und ich werde es auch nicht ausprobieren. Für viele Menschen ist Lockdown-Zeit aber vermutlich eine Zeit, in der man in so einer Talkrunde durchaus das Gefühl hat, unter Menschen zu sein. Wohl auch ein Grund für den Erfolg von Clubhouse.
Vermutlich ist es aber auch recht lustig, wenn man dem thüringischen Ministerpräsidenten lauscht, der über „das Merkelchen“ erzählt und seine Cancy Crush-Rekorde bespricht. Angeblich gibt es ja den Kodex: „Was bei Clubhouse passiert, bleibt bei Clubhouse“. Den haben einige Journalisten aber wohl nicht ganz ernst genommen (täte ich übrigens auch nicht) und wir dürfen uns demnächst wohl über jede Menge Enthüllungen aus dem Nachtprogramm freuen. Ich bin schon sehr gespannt, was Robert Habeck erzählt, wenn er sich plötzlich im Raum „Hilfe, ich habe meine Müll nicht richtig getrennt“ wiederfindet oder was Söder so sagt, wenn er sich plötzlich unter querdenkenden Esoterikern wiederfindet, die ihn verbal mit FFP2-Masken bewerfen.
Tja, in Ermanglung von Einladungen werde ich also wohl den Rest meines Lebens ohne Clubhouse verbringen müssen und weiter schnöde Podcasts von unwichtigen Menschen hören. „Alliteration am Arsch“ kann ich da empfehlen, allerdings braucht man dafür schon einen eher ausgeprägt schrägen Humor. Und ich bin gespannt, ob der Clubhouse-Hype länger überlebt als der Vero-Hype. Oder der Lockdown.
Und ihr? Mit wem würdet ihr gern mal diskutieren? Oder würdet ihr überhaupt gern mal mit irgendwem diskutieren?
Liebe Grüße
Fran