Fast ein ganzes Jahr lebe ich jetzt schon in der Großstadt. Mittendrin quasi. In zehn Minuten bin ich mit der S-Bahn in der City. Und doch ist es hier so ruhig, dass ich manchmal selbst nicht glaube, dass ich hier mitten in einer Großstadt bin. In zehn Minuten bin ich zu Fuß mitten im Szeneviertel mit Cafés, Bars und Restaurants. In einer halben Minute im Park, der gleich neben dem Haus beginnt. Seen, Wälder und ein riesiges, ehemaliges Gartenschaugelände. Da kann man laufen oder spazierengehen, Skatern zusehen oder einfach nur auf dem Steg sitzen und aufs Wasser gucken.
Aufs Wasser gucken kann ich allerdings auch aus jedem Fenster der Wohnung oder von der Terrasse oder dem Balkon aus. Denn DER Grund, warum ich genau hierher gezogen bin, war die Tatsache, dass das Haus, in dem ich wohne, im Wasser steht. Viele Male habe ich am Ufer gesessen, die Häuser angeschmachtet und mir gewünscht, dort zu leben. Gebaut wurde das Viertel, in dem ich wohne, für die Internationale Bauausstellung, die vor einigen Jahren in Hamburg stattfand. Stadtentwicklung, Klimawandel und Nachhaltigkeit waren einige Kernpunkte der Ausstellung und so entstand ein ganzes Viertel, das sowohl architektonisch als auch in Sachen Nachhaltigkeit einen Leuchtturm setzte. Hier eine Wohnung zu bekommen, war allerdings nicht ganz einfach. Die waren nämlich alle schon verkauft, bevor der erste Pfahl für die Gründung im See stand. Also blieb es erst einmal beim Wunsch…
Zurück also ins propere Einfamilienhaus direkt am Elbdeich, in einem Dorf mit 300 Einwohnern, wo ich die letzten 20 Jahre verbrachte. Es war schön dort. Sehr schön. Die Kinder sind mitten in der Natur aufgewachsen - inklusive mächtig viel Blödsinn, den man auf dem Lande so macht, im Winter im See einbrechen etwa - durften ihre Grundschulzeit in einer zauberhaften Zwergenschule verbringen und zum wunderschönen Elbstrand waren es nur wenige Schritte. Da gab es blökende Schafherden auf dem Deich, Tausende von Gänsen, die auf ihrem Zug in den Süden Rast machten und die volle Dosis Natur. Nur eines fehlte leider: Infrastruktur. Beim Einkaufen etwas zu vergessen bedeutete, dass man eben noch einmal ins Auto kletterte und 8 Kilometer bis zum nächsten Supermarkt fuhr. Das hat mir viele Jahre nichts ausgemacht. Aber irgendwann war klar: Sobald die Kinder ihre Schule beendet haben, möchte ich nach Hamburg ziehen, mit einem Supermarkt in Reichweite, mit Bars und Cafés, mit Museen und Theatern.
Als ich dann kurz nach dem Abitur von Kind, klein, entdeckte, dass meine Traumwohnnung zu haben ist, war klar, dass das DIE Gelegenheit ist, mein Leben mal eben um 180 Grad zu drehen. Vom Dorf in die Großstadt, vom properen Einfamilienhaus mit Riesengarten in eine supermoderne Wohnung ohne Garten, aber mit viel Wasser drumherum. Ihr ahnt nicht, wie schnell man eine solche Entscheidung fällen, ein Haus verkaufen und den Vertrag für eine Wohnung unterzeichnen kann *grins*.
Auch nach fast einem Jahr hüpft mein Herz immer noch vor Freude, wenn ich das Auto abstelle und über den Steg zum Haus gehe. Wenn ich morgens nach dem Aufstehen durch mein Schlafzimmerfenster aufs Wasser sehe und sich das Nachbarhaus darin spiegelt. Ich strahle jedesmal, wenn im Frühling und Sommer Kanus vorbeikommen. So sehr, dass ich selbst dringend eines haben und meine ersten Paddeltouren machen musste :-)
Ich liebe es, aus dem Fenster zu sehen oder auf der Terrasse zu sitzen und nicht Schafe, sondern Enten zu entdecken, Blässhühnern, Nutrias oder einen Graureiher auf Beutezug. Angeblich treibt hier auch ein großer Wels sein Unwesen, aber der war bisher unsichtbar und bliebt es auch besser. Welse fressen Enten, habe ich mir sagen lassen…
Ich liebe diese Wohnung, die über drei Etagen reicht und deshalb eher ein Haus als eine Wohnung ist. Ich finde es großartig, genügend Platz zu haben, damit auch Kind, groß, das längst ausgezogen ist, hier noch ein Zimmer hat. Ich mag die Tatsache, dass es hier selbst im Winter unglaublich hell ist, weil es so viele riesige Fenster und ganze Wände aus Glas gibt. Einen Fensterputzer habe ich zwischenzeitlich dann auch gefunden, also darf ich die Fenster liebe ;-)
Klar hätte ich im properen Einfamilienhaus auf dem Lande bleiben können. Aber ich bin sooooo froh, dass ich mich nicht an alte Gewohnheiten geklammert, sondern mein Leben mal eben auf den Kopf gestellt habe.
Nachdem ihr mein Zuhause nun von außen kennengelernt habt, dürft ihr natürlich gern auch reinkommen. Ich muss allerdings vorher noch ein wenig aufräumenn ;-)
Liebe Grüße
Fran