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Das Schweinderl im August: Wir haben uns ganz, ganz doll lieb!

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Meine Lieben, wir stellen uns jetzt am besten mal im Kreis auf, fassen uns an den Händen, machen ein glückliches Gesicht - hallo, glücklich hab ich gesagt. Du da hinten links, nicht so verkniffen! - und sagen aus tiefstem Herzen: „Ich habe mich totaaaaaal lieb und bin super glücklich“. Das muss man nämlich. Also nicht das Aufstellen im Kreis. Sondern das mit dem sich selbst liebhaben und glücklich sein. Nur wenn man sich selbst liebt hat, kommen Glück, Liebe und Faltenfreiheit.

Naja, ich gebe zu, Letzteres habe ich erfunden. So langsam sollte ich mir vermutlich mal Gedanken darüber machen, warum ich das Wort „Falten“ so oft verwende. Da muss doch ein Trauma dahinterstecken! Vermutlich hasse ich tief im Herzen meine Falten und warte darauf, dass irgendwer daherkommt und mir eine Aufspritzung als Kooperation anbietet. Ja, das wird`s sein! Und während ich so warte, werde ich immer verkniffener und überhaupt.

Und was ist der tiefe Grund für das alles? Ich liebe mich nicht genug und hole aus meinem Leben nicht das Glück heraus, das ich empfinden könnte. Und Selbstliebe ist doch das, was gerade angesagt ist in der Bloggerwelt. Begonnen hat das alles mit BodyPositivity. Das war im Prinzip schon vor langer Zeit und plötzlich durften nach Jahren voller Size-Zero-Hype alle ihren Körper total klasse finden. Auch die mit 30 Kilo zuviel auf den Hüften. Yeah!

Blöd, dass diese Bewegung für mich zu spät kam - ich hatte die verdammten 25 Kilo zu viel schon abgenommen. Aber hey, ich hatte mich anschließend tatsächlich lieber als vorher. Wobei das vermutlich nur beweist, dass ich ein schwacher Charakter bin, der sich vom schlanken Leitbild der Gesellschaft vereinnahmen lässt. Mist. Verkniffen und schwacher Charakter. So langsam wird mir das unheimlich.

Aber da lässt sich was tun. Wenn ich schon den Zug der Body Positivity verpasst habe, dann fange ich halt jetzt an mit der Selbstliebe und dem immerwährenden Glück! Ich stelle mich einfach morgens im Sonnenschein auf die Terrasse, gucke die niedlichen Spinnen an, die in dem Urwald drumherum ihr Unwesen treiben und finde mich großartig. Dabei darf ich nur niemand auf den Gedanken kommen, diese niedlichen Tierchen mit dem Feuerzeug anzukokeln. Fran! Aus! Wer solche Gedanken hat, liebt sich nicht genug und kann daher Gottes Schöpfung nicht genügend Respekt entgegenbringen. Außerdem beweisen solche Gedanken, dass ich mindestens im linken großen Zeh super unglücklich mit meinem Leben bin. Aber auch da hat die Bloggerwelt für Abhilfe gesorgt. Wer sich nicht liebt, muss sich halt optimieren. Handy an und einen der zahlreichen „Self-Tuning für Anfänger“-Posts Und die klingen dann so:

Selbstliebe  und -optimierung in fünf Schritten leicht gemacht

Tipp 1: Wirf alles weg, was dir nicht gut tut.
OK :-) Bye bye, Kinderlein! Ihr wollt täglich etwas zu futtern. Auf meine Kosten. Ihr macht Dreck. Ihr zankt euch zuweilen, und zwar lautstark. Das tut mir nicht gut. OK, ihr seid auch herzallerliebst und die besten Kinder der Welt und mit niemandem kuschle ich lieber als mit euch. Aber die ersten vier Punkte sind nicht zu leugnen. Also raus mit Euch! Und nehmt den Hund bitte gleich mit. Vielleicht könnt ihr meinen Vater auch noch einpacken? Der benutzt diesen unfotogenen Rollator, benötigt eine Pflegedienst und überhaupt ist er nicht mehr nützlich. Ach Stop! Er hätte da was zu vererben. Also lasst ihn hier. Sein Geld stinkt auch nicht.

Tipp 2: Tu niemals mehr Dinge, die du nicht liebst.
Ich habe also das Bügelbrett auf den Sperrmüll geworfen und die Putzkiste in den Mülleimer befördert :-) Außerdem habe ich die Hälfte der 1500 Quadratmeter Garten betoniert und grün angemalt. Gartenarbeit macht ja Spaß, aber in der Menge überfordert mich das dann doch. Ich habe dann eine Sekunde drüber nachgedacht, meinem Chef die Brocken hinzuwerfen. Aber eigentlich liebe ich meinen Job. Allerdings brauche ich dringend mehr Urlaub . 90 Tage würden reichen, Chef. Ich liebe nämlich auch das Reisen und das würde ich künftig etwas ausdehnen wollen. Mehr Gehalt wäre da auch ganz nützlich. Nein, ich kann dafür nicht täglich länger arbeiten, da hört der Spaß nämlich auch auf. Ich brauche doch Zeit für all die anderen Dinge, die ich liebe. Chef, finde dich damit ab und überweis die Kohle.
Dumm nur, dass ich zwei Wochen nach der Entsorgung des Bügelbrettes ungebügelte Blusen tragen musste. DAS liebe ich auch nicht. Noch dummer, dass ich die Kinder bereits unter Punkt 1 entsorgt hatte. Die konnten immerhin bügeln. Ja, und mein Chef sieht das mit dem Urlaub nicht so recht ein. Der droht mit Rausschmiss, wenn ich den Urlaub eigenmächtig verdreifache. Pah. Genau hier ist Punkt 5  meiner Liste echt nützlich!

Tipp 3: Zeit dir selbst mehr Wertschätzung und sorg dafür, dass es Andere auch tun
Kein Problem. Wertschätzung kann ich. Ich fange einfach damit an, dass ich meinem Wecker beibringe, mich morgens mit einem gesäuselten „Fran, du bist die Größte“ zu wecken. Danach bestätige ich mir im Badezimmerspiegel, dass ich niemanden lieber habe als mich und starte wertgeschätzt in den Tag. Meine Kollegen habe ich schon so trainiert, dass sie bei meinem Anblick in Jubelarien ausbrechen. Das war zwar teuer, aber gut investiertes Geld. Teuer war auch die Chanel-Tasche, die ich mir als Zeichen meiner Wertschätzung überreichen wollte. Blöderweise ist der Scheck geplatzt, bevor ich den Laden verlassen konnte. Das Personal dort ließ die entsprechende Wertschätzung übrigens auch vermissen. Merke: Den Laden nie wieder betreten. Der tut mich nicht gut.

Tipp 4: Begegne deiner Umwelt mit Liebe. Immer.
Heißt das jetzt eigentlich, dass ich die Kinder wieder aus dem Garten holen muss, wo sie seit einigen Tagen kampieren? Oder reicht es, wenn ich ab und zu die Reste meines Essens in den Garten werfe? Ich fange mit dem Glück lieber mal an anderer Stelle an. Ich umarme die Mitarbeiterin des Ordnungsamtes, die gerade diesen hübschen Zettel an die Windschutzscheibe meines Autos heftet. Die fragt mich, was ich genommen habe und will auch was davon. Ich küssen den Bürgermeister, der vor zwei Wochen noch fand, dass ich tendenziös gegen seine Partei berichte. Jetzt liebt er mich. Ich spreche mit der Supermarktkassiererin eine halbe Stunde über ihr wahnsinniges Engagement und lobe sie. Sie strahlt. Die Menschen in der Schlange hinter mir haben das Prinzip allerdings noch nicht verstanden und bewerfen mich mit Obst. Zuhause schaue ich meine Blusen liebevoll an. Blöderweise gehen die Falten davon nicht raus. Ich hole die durchnässten, frierenden Kinder wieder rein und geben ihnen das Bügeleisen. Sie sind glücklich! Mission accomplished!

Tipp 5: Du bist positiv. Alles an dir ist positiv. Du guckt ausschließlich positiv auf die Welt.
Vergessen wir also schlechte Laune. Vergessen wir jegliche Art von Kritik. Vergessen wir alles, was mit dem Wort „nein“ zu tun hat. WIR. SIND. POSITIV. Sollte ich also morgen früh aufwachen und auch nur das geringste Fitzelchen Lustlosigkeit ob der Bürgermeisterkandidatenvorstellung um 9.30 Uhr verspüren, dann drehe ich mich nochmal um und versuche es in zehn Minuten noch einmal. Aufgestanden  wird erst, wenn ich bei dem Gedanken an den Termin innerlich juble. Genauso geht das mit dem Frühstück (Yeah! Die letzte Scheibe Toast wurde Beute der Kinder! Ich freu mich so sehr, weil Toast sowieso total ungesund ist!) und mit dem Start in den Arbeitstag. Das Auto ist kaputt? Freu dich auf eine Radtour :-) Es regnet? Die Natur freut sich und mit ihr solltest du dich freuen. Am Nachmittag funktioniert das Kartenlesegerät an der Supermarktkasse nicht? Kein Problem. Da joggt man zur nächstgelegene Bank, holt Bargeld und freut sich über die Extraportion Bewegung! Everything happens for a reason, you know? Positiv zu sein ist gar nicht so schwierig. Und sollte dich die Nachricht erreiche, dass Lieblingstantchen Käthe die Treppe runtergefallen ist, dann freu dich einfach auf die Testamentseröffnung! Schlechte Laune, Trauer oder Probleme haben in UNSEREM Leben nichts mehr zu suchen. Yeah! Tschakka!

Selbstliebe ist toll. Selbstliebe ist großartig. Ich bin jetzt glücklich. Warum findet der Rest der Welt es eigentlich schwierig, sich selbst zu lieben? Man muss nur damit anfangen und das gnadenlos durchziehen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Und dass der Rest der Welt dich zum Spucken findet - who cares? Die werden einfach entsorgt. Ich glaube, ich sollte Selbstliebe-Coach werden :-)

Verliebte Grüße

Fran

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