Als Ines Meyrose dazu aufrief, sich doch einmal Gedanken darum zu machen, welche schönen Seiten das Älterwerden so hat, war ich sofort dabei. Ich finde es nämlich tatsächlich ganz schön, dieses Älterwerden. Blöderweise hat es den Haken, dass das Stück Leben, das noch vor mir liegt, immer kürzer wird. Das wäre aber auch schon meine einzige Kritik, die ich zur Zeit habe. Mit den restlichen Begleiterscheinungen, vor allem denen in Sachen Optik, unter denen viele Frauen leiden, kann ich merkwürdigerweise prima leben. Die Vorteile wiegen in meinen Augen den kompletten Rest problemlos auf.
Ja, es ist schön, älter zu werden. Und zwar nicht nur mit 17, wenn der nächste Geburtstag endlich verspricht, dass man sich die ganze Nacht im Club um die Ohren schlagen darf. Auch jenseits der 40. Und was ist schön daran? Guckt einfach selbst. Älterwerden im Vergleich :-)
Anmerkung: Dieser Blogpost bedient unzählige Klischees. Aber in jedem Klischee steckt vielleicht ein ganz kleines Körnchen Wahrheit. Ach ja, und er ist nur in kleinen Teilen autobiografisch ;-)
Alter: 22. Mittags um 14 Uhr. Die beste Freundin ruft an. Sie hat ihre Bachelor-Arbeit abgegeben und will das heute abend mit einer spontanen Party feiern.
Oh Gott, was ziehe ich nur an? Und wird Andi auch da sein? Hach, Andi. Der ist doch wieder Single und ich fand ihn schon immer toll. Andi steht auf Frauen in Kleidern. Möglichst kurz. Hat seine Ex mal erzählt. Himmel Hergott nochmal, warum habe ich keine kurzen Kleider? Warum sind hier nur Jeans? OK, die Zeit reicht. Wenn ich die Wiwi-Vorlesung schwänze, kann ich noch kurz in die Stadt und ein Kleid kaufen. Mist, ich kann mir kein Kleid leisten. Aber Stopp, da war doch noch der Fünfziger, den mir Tante Heidi kürzlich in die Hand gedrückt hatte. Eigentlich bräuchte ich dieses blöde Buch, das in der Bib ständig ausgeliehen ist. Aber das Kleid ist wichtiger. Wer braucht ein Buch, wenn er Andi haben kann?
Oh Mann, und ausgerechnet jetzt habe ich diesen blöden Pickel am Kinn. Das kann doch nicht wahr sein! Aber meine Mitbewohnerin hat sich doch gerade diesen schweineteuren Concealer gekauft. Den leihe ich mir aus. Ihre Schuhe auch. Sie wird schon nix dagegen haben. Und wenn doch, ist es zu spät.
OK, fertig. Eigentlich sollte ich etwas zu trinken mitbringen. Ich behaupte, die Flasche sei mir auf dem Weg runtergefallen. Ist doch egal. Aber das Geld hat jetzt echt nicht mehr für Champagner gereicht und alles andere bringe ich nicht mit. Billiger Fusel - das ist doch peinlich.
Wird Andi mich überhaupt beachten? Wie baggere ich ihn am besten an? Ach, das Kleid wird es schon richten. Und die Schuhe meiner Mitbewohnerin sehen einfach geil dazu aus. Sie sind zwar zu klein und höllisch unbequem, aber es ist ja für einen guten Zweck. Aber was, wenn Andi schon längst eine Neue am Start hat? Oh Mann, ich habe seit Jahren immer nur Pech mit Männern. Das muss sich doch endlich mal ändern.
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Ach ja, das bin ich mit Anfang 20. Man beachte das neckische Perlenkettchen ;-) |
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Und hier mit Mitte 20. Auf Dienstreise auf dem World Trade Center. |
Alter: 35. Morgens um 9.02 Uhr. Die beste Freundin, die man schon seit Wochen nicht mehr gesehen hat, weil sie 24/7 an ihrer Karriere bastelt und man selbst sich um die Aufzucht der Brut kümmert, ruft an. Sie ist endlich befördert worden und will das heute abend mit einer spontanen Party begießen.
Mist. Heute abend? Wie soll ich denn bis dahin einen Babysitter auftreiben? Und was das wieder kostet. Außerdem wird es da vor Karrierefrauen wimmeln, die alle aussehen wie aus dem Ei gepellt in ihren Designerklamotten. Die werden sich sowieso über mich den Mund zerreißen, weil ich weder Karrierefrau noch aus dem Ei gepellt bin. Andi sagt immer, ich sei zwar seine Herzensfrau, aber ein bisschen weniger Mutti und ein bisschen mehr Frau wäre ganz schön. Blöder Arsch. Ich sitze zuhause und er treibt sich in der großen, weiten Welt herum. Ich bin diejenige, die nachts aufsteht, wenn die Kinde weinen. Er schläft seelenruhig weiter und beschwert sich, wenn ich Augenringe habe. Und er weiß es zwar nicht, aber ich habe die Nachrichten von dieser Giulia auf seinem Handy gesehen. Die flirtet ganz schön heftig. Naja, sie hat ja auch keine Kinder, keinen Mann und einen tollen Job. Bisher ist Andi immerhin abends pünktlich zuhause.
Nicht dass er mir dann was abnimmt. Er ist ja erschöpft vom vielen Wichtig-Sein den ganzen Tag über. Als ich ihm letzte Woche vorgeschlagen habe, mir wieder einen Job zu suchen, fand er das gar nicht lustig. Ich würde nicht genügend verdienen, um die Kita für beide Kinder zu bezahlen. Das sei ein Zuschussgeschäft, da soll ich doch lieber noch weiter zuhause bleiben. Tut den Kindern ja auch so gut. Und Lisa kommt nächstes Jahr in die Schule, da braucht sie bestimmt Unterstützung. Ich habe aber keine Lust mehr, täglich mit Barbies zu spielen und Kinderbücher vorzulesen.
Oh Mann, und ich habe auch nix anzuziehen für eine solche Party. Im praktischen Spielplatz-Look kann ich da nicht auftauchen. Sonst ist aber nix im Schrank. Wir gehen ja abends sowieso nie weg. Da brauche ich nix. Und mir heute noch ein Kleid kaufen? Geht nicht. Das Haushaltsgeld gibt das nicht her und die Kinder zum Shoppen mitzunehmen ist eh indiskutabel.
Was mache ich denn jetzt? Ich sag einfach ab.
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Mit Ende 20 und Chica, ihres Zeichens Schäferweiler. Vorne Schäferhund, hinten Rottweiler. |
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Mit Mitte 30 habe ich geheiratet. Und nein, ich zähle nicht die Altersringe, sondern hatte Fingerfarbe an den Händen. |
Alter: 52 Morgens um 11.05 Uhr. Die beste Freundin ruft an. Sie hat eeinen neuen Job und eine neue Wohnung gefunden. Das muss gefeiert werden! Heute abend.
Yeah! Sie hat den Job! Ich habe ihr so sehr die Daumen gedrückt. Sie wollte so lange raus aus ihrem Beruf. Der war nie ihr Traumjob, aber es hatte sich halt so ergeben. Und dann hat sie sich mit 50 endlich ein Herz gefasst und noch einmal neu angefangen. Das muss gefeiert werden, und zwar richtig.
Ich sage gleich mal Andi Bescheid, dass er eine Flasche Champagner besorgen soll. Aber was ziehe ich an? Ha, ganz klar, das neue Kleid, das ich mir kürzlich als Belohnung für meinen eigenen Jobwechsel gekauft habe :-) Marina hat zwar gemeint, dass es ganz schön kurz ist für mein Alter. „Ich kanns mir leisten“, habe ich ihr einfach nur gesagt. Hey, ich habe doch nicht umsonst mit viel Zeit, noch mehr Sport und einem Minimun an Schokolade an meiner Figur gearbeitet. Soll ich die jetzt in einen Sack stecken, nur weil ich über 50 bin? Sehe ich gar nicht ein. Ich fühle mich großartig und das darf der Rest der Welt ruhig sehen.
Aber Marina meint ja auch, dass ich mich zu viel um mich selbst kümmere und nicht genug um meine Familie. Hallo? Die Kinder sind alt genug. Eigentlich könnten sie langsam mal ausziehen. Aber solange sie noch zuhause leben, dürfen sie wenigstens ihren eigenen Dreck selbst wegmachen. Hotel Mama bietet nur stark eingeschränkten Service. Wie gemein aber auch. Ich erinnere mich an eine Party, damals, als meine Freundin ihre Beförderung feiern wollte. Genau genommen erinnere ich mich nicht an die Party. Ich war nämlich gar nicht da. Andi sollte damals den Babysitter spielen. Und dann fing natürlich eines der Kinder an zu spucken. Also bin ich zuhause geblieben. Und habe den Rest der Welt dafür verantwortlich gemacht. Ich glaube, ich war vier Wochen lang ungenießbar. Bis ich irgendwann eingesehen habe, dass die Welt nichts dafür kann. Ich war diejenige, die beschlossen hat, zuhause zu bleiben. Diese Einsicht war quasi der erste Schritt zu Erwachsenwerden mit 35. Es hat noch eine ganze Weile gedauert, aber ich habs geschafft :-)
Schnell noch ein Blick in den Spiegel. Ha, die Frau, die mich da anguckt, sieht richtig gut aus. Klar, sie hat ein paar Falten um die Augen. Die beweisen nicht nur, dass das Geburtsdatum im Pass stimmt, sondern auch, dass ich schon eine ganze Menge Leben erlebt habe und dass mich so schnell nichts mehr umwirft. Großartig! Dieses Lächeln haut hoffentlich heute abend jeden vom Hocker.
Andi ruft an. Er schafft es nicht pünktlich. Vor zehn Jahren hätte ich jetzt gezetert und getobt. Heute nicht mehr. Ich kaufe den Champagner einfach selbst, bestelle mir ein Taxis und fahre zu meiner Freundin. Andi verspricht nachzukommen und freut sich auf einen großartigen Abend. Ich auch.
Und? Hat irgendjemand die schönen Seiten des Älterwerdens entdecken können?
Liebe Grüße
Fran
P.S. Neben mir haben sich noch jede Menge anderer Blogger Gedanken darüber gemacht, wo die schönen Seiten des Älterwerdens liegen. Solltet ihr noch Zweifel daran haben, dass es sie gibt, lest mal rein!
- Sonntag 17. September 2017 meyrose - fashion, beauty & me
- Montag 18. September 2017 Zeitlos Bezaubernd
- Dienstag 19. September 2017 Sabine Gimm
- Mittwoch 20. September 2017 Oceanblue Style
- Donnerstag 21. September 2017 Happyface313
- Freitag 22. September 2017 Fran-tastic
- Samstag 23. September 2017 Sunny's side of life
- Sonntag 24. September 2017 acht stunden sind kein tag