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Optimierungswahn in Bloggerhausen?

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Glatt gebügelt

Eigentlich wollte ich mich heute richtig laut freuen. Darüber, dass mein kleines Blögchen seit drei Monaten besteht. Aber dann kam mir das gefühlte drölfzigste Posting über das neue Must-have für Blogger über 40: Die Faltenunterspritzung dazwischen. Wer wann warum und wie seine Falten behandelt, das kann, soll und darf jeder selbst entscheiden. Darüber steht niemandem ein Urteil zu. Was mich vielmehr zum Nachdenken brachte ist, dass in Bloggerhausen der Trend dahin geht, dass nicht nur die Falten, sondern auch die Blogs glatt gebügelt wird. Das zumindest ist mein Eindruck.

Begonnen hat das bei den jungen Bloggerinnen. Vor fünf Jahren gab es eine wirklich vielfältige Landschaft an Modeblogs, vor allem von jungen Frauen unter 30. Inzwischen gibt es zwei Dutzend große Blogs, die gefühlt alle gleich aussehen. Der Rest dümpelt vor sich hin. Und hört irgendwann auf, weil der Erfolg ausbleibt, so mein Eindruck. "Der Leser" honoriert scheinbar eben genau die glattgebügelten Blogs mit seiner Gunst. Wer nicht Mainstream ist, kommt auch nicht in den Genuss von lohnenden Kooperationen und irgendwann ist Ende, da die Arbeit zuviel und die Zeit zuwenig wird.

Dann kamen zaghaft die ersten Blogs von und für Ü30er. Ich habe viele davon gern und regelmäßig gelesen. Und dann setzte auch hier die gleiche Entwicklung ein wie bei den jüngeren Bloggerinnen. Einige der Blogs - und darunter einige, die ich lange Zeit wirklich gern gelesen habe - wurden kommerzialisiert. Erst ganz langsam. und dann immer schneller. Mit dem einen oder anderen Werbepost kann ich problemlos leben. Aber auf manchen Blogs nahm das ein Ausmaß an, das in meinen Augen die komplette Persönlichkeit hinter dem Blog auffraß. Von mehr als 20 Posts pro Monat waren schließlich 18 Werbung. Das war der Zeitpunkt, an dem ich nicht mehr weitergelesen habe. Der Blog kann auf den Stapel Instyle, der hier irgendwo rumliegt. Die mag ich auch nicht mehr lesen.

Es gab einmal eine Zeit, in der die Blogger-Welt eine Alternative zu den einschlägigen Zeitschriften bieten wollte. Inzwischen sind viele, vor allem finanziell erfolgreiche Blogs reine Abziehbilder genau dieser Zeitschriften. Glattgebügelt eben. Gegen genügend Geld wird für alles geworben. Auch für Dinge, die der Blogger vor einem halben Jahr noch weit von sich wies. Discount-Klamotten waren da noch igitt. Heute sind sie großartig. Wenn sie mit einer hübschen Reise, Goodies und einem Honorar verbunden sind. Aber nun gut, das bring Geld für die nächste Chloé-Tasche :-).

Natürlich darf das jeder so handhaben wie er es wünscht. Wenn jemand der Meinung ist, er müsse für die viele Arbeit, die er mit seinem Blog hat, entlohnt werden, dann ist das absolut legitim. Nur darf er dann nicht den Anspruch erheben, dass es dem Leser immer gefällt, was er da vorgesetzt bekommt. Da kann man noch so oft beteuern, dass sich ja eigentlich nichts geändert hat und dass man selbstverständlich nur für die Dinge wirbt, die man sowieso und überhaupt..... Mir zumindest gefällt es irgendwann nicht mehr, wenn unter 18 von 20 Posts "Werbung" steht und 18 Produkte enthusiastisch beklatscht werden. Und ganz ehrlich, ich wundere mich über die vielen Kommentatoren, die da noch Beifall klatschen und in dem Moment, in dem tatsächlich mal ein Wort der Kritik geäußert wird, "Hater" brüllen.

Übrig bleiben nach dem Glattbügeln ein paar Blogs, die tatsächlich noch Persönlichkeit bieten. Gefühlt werden es immer weniger. Und das finde ich jammerschade. Ich mag nicht noch mehr Blogs aus meiner Leseliste streichen. Aber ich mag auch nicht als Klickbringer dienen für etwas, was mir nicht gefällt. Aus dem gleichen Grund kaufe ich auch nur noch wenige Zeitschriften. Das Ergebnis ist das Gleiche: Einheitsbrei, für den ich entweder mit Geld oder mit Klicks bezahle.
Muss diese Entwicklung sein, weil die Marketingabteilungen die Blogger als effektive Werbeträger entdeckt haben? Was mache ich eigentlich mit meinem Blog? Würde ich auch zu einem Abziehbild, wenn ich die Gelegenheit dazu hätte? Ich weiß es nicht. Vielleicht propagiere ich ja in zwei Jahren die Revolution in Sachen Faltenunterspritzung und strafe alles Lügen, was ich heute so schreibe. Ich wäre nicht die Erste. Ich hoffe nur, dass der Göga dann wenigstens merkt, "dass ich was habe machen lassen". Keiner Scherz am Rande.

So, und jetzt höre ich mal auf zu denken gehe ich zu den Ü30-Bloggern und freue mich über die Blogs dort. Die sind nämlich noch so, wie ich sie mag. Mir muss nicht jedes Kleidungsstück und jede Kombination gefallen. Aber mir gefällt die Stimmung. Und die Persönlichkeit. Und die Menschen hinter den Blogs. Danke dafür, ihr Lieben.

Und ich freue mich über die ersten drei Monate als Blogger. Ich hätte nie gedacht, dass Bloggen so viel Spaß macht. Ich habe ja lange überlegt, ob ich überhaupt anfangen soll. Der Entschluss, es tatsächlich zu tun, war gut. Denn ohne diesen Blog hätte ich Euch alle nie kennengelernt. Klar macht Bloggen Arbeit. Aber auch die macht Spass. In diesem Sinne: auf die nächsten Monate und alles, was noch kommt.

Liebe Grüße
Fran

P.S. Bin ich jetzt eigentlich die Omma, die lamentiert, dass früher alles besser und überhaupt mehr Lametta war?

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